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Evolution der Kultur und Politik

Das Prinzip der Evolution ist viel umfassender als wir uns es normalerweise vorstellen. Es ist nicht das Durchsetzen des Stärksten oder Rücksichtslosesten sondern das langsame aber stetige Durchsetzen des am besten an die Umwelt anpassungsfähigsten Organismus: Das gilt auch für die menschliche Gesellschaft, für die kulturelle und politische Entwicklung. Die Herausforderungen welche die Gesellschaften heute haben sind komplett anderes als die Herausforderungen vor 200 Jahren. Die Menschheit ist zu einem globalem Gebilde geworden, Kommunikation weltweit auf Knopfdruck , Klimawandel, Umweltverschmutzung, Verlust an Biodiversität, kommende Knappheit an Ressourcen. Diese Problem können nur auf globaler Basis in Kooperation gelöst werden.

David Sloan Wilson zeigt Lösungsansätze in seinem Buch : This View of Life

David Sloan Wilson argumentiert, dass viele der Herausforderungen der Gesellschaft darauf zurückzuführen sind, dass unsere Institutionen und Praktiken an die Umgebungen, in denen wir derzeit leben, schlecht angepasst sind. Seine Ratschläge, basierend auf den Prinzipien der evolutionären Wissenschaft, umfassen folgende Punkte:

1. Prosozialität und Gruppenfunktion: Wilson rät dazu, dass Gruppen und Gemeinschaften am besten funktionieren, wenn sie um prosoziale Verhaltensweisen herum gestaltet werden – also solche, die anderen oder der Gesellschaft als Ganzes nutzen. Er schlägt vor, solche Verhaltensweisen durch kulturelle und institutionelle Normen zu fördern.


2. Mehr-Ebenen-Selektion: Er stellt das Konzept der Mehr-Ebenen-Selektion als Schlüssel zum Verständnis der menschlichen Gesellschaft dar. Das bedeutet, dass man betrachtet, wie Selektion nicht nur auf der Ebene von Individuen, sondern auch auf der Ebene von Gruppen operiert. Erfolgreiche Gruppen haben oft Merkmale, die auf Gruppenebene ausgewählt werden, auch wenn sie für Einzelpersonen kostspielig sind.


3. Anpassung an Umgebungen: Wilson rät dazu, dass von Menschen geschaffene Umgebungen, ähnlich wie die natürlichen, so gestaltet werden sollten, dass sie adaptive Verhaltensweisen und Praktiken unterstützen, die das Wohlbefinden der Bewohner fördern.


4. Experimenteller Ansatz: Wilson fördert einen empirischen, experimentellen Ansatz in der Sozialpolitik, ähnlich wie wir es in den Naturwissenschaften tun würden. Indem soziale Interventionen als Hypothesen behandelt werden, die getestet werden sollen, und nicht als Wahrheiten, die umgesetzt werden sollen, können Richtlinien effektiver maßgeschneidert und angepasst werden.


5. Lösungen für spezifische Kontexte: Ausgehend von der Evolutionsbiologie argumentiert Wilson gegen Einheitslösungen. So wie Organismen an ihre spezifischen Umgebungen angepasst sind, sollten soziale Politiken und Institutionen sorgfältig unter Berücksichtigung der einzigartigen Eigenschaften ihres menschlichen und ökologischen Kontexts gestaltet werden.


6. Bildungsreform: Im Bildungsbereich sieht er die Möglichkeit, Schülern beizubringen, in evolutionären Begriffen quer durch alle Fächer zu denken, was ein integratives Verständnis dafür fördert, wie die Welt funktioniert.


7. Nachhaltigkeit: Wilsons evolutionäre Perspektive betont die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit und behauptet, dass Praktiken und Politiken langfristige evolutionäre Dynamiken und die Fähigkeit der Umwelt, menschliche Aktivitäten auf unbegrenzte Zeit zu unterstützen, berücksichtigen sollten.


8. Kulturelle Evolution: Er schlägt vor, dass wir unsere Kulturen bewusst weiterentwickeln können, indem wir Normen, Institutionen und Richtlinien wählen, die mit dem menschlichen Wohlergehen und der Anpassungsfähigkeit übereinstimmen.

Die Mehr-Ebenen-Selektion ist ein Konzept in der evolutionären Biologie, das besagt, dass die natürliche Selektion auf verschiedenen Ebenen der biologischen Hierarchie wirkt – auf Gene, Individuen, Gruppen bis hin zu Arten. Dieses Konzept wird benutzt, um zu erklären, wie kooperatives Verhalten, das auf der Ebene des Individuums möglicherweise nicht vorteilhaft erscheint, auf der Gruppenebene dennoch vorteilhaft sein kann und somit durch natürliche Selektion gefördert wird.

In Bezug auf die menschliche Gesellschaft argumentiert David Sloan Wilson, dass das Wohlergehen von Gruppen oft von der Kooperation und dem altruistischen Verhalten ihrer Mitglieder abhängt. Hier sind einige Details zur Mehr-Ebenen-Selektion, wie sie von Wilson und anderen in diesem Zusammenhang beschrieben werden:

1. Individuelle Ebene vs. Gruppenebene: Verhalten, das für das Individuum kostspielig ist, kann für die Gruppe als Ganzes vorteilhaft sein. Wenn eine Gruppe solches Verhalten fördert, kann sie erfolgreicher sein als andere Gruppen, die das nicht tun.
2. Gruppenauswahl: Gruppen, die hohe Niveaus von internem Altruismus und Kooperation aufweisen, können konkurrierenden Gruppen überlegen sein. Dies kann zu einer natürlichen Selektion von Gruppen führen, in denen kooperative Normen vorherrschen.
3. Gene-Kultur-Koevolution: Dieses Prinzip beschreibt, wie genetische und kulturelle Evolution miteinander interagieren. Kulturelle Praktiken, die Gruppenkooperation fördern, können genetische Tendenzen für solches Verhalten stärken und umgekehrt.
4. Institutionelle Gestaltung: Institutionen können so gestaltet werden, dass sie sowohl individuelle als auch kollektive Interessen fördern, indem sie Anreize für kooperatives Verhalten schaffen und individuelles Handeln leiten, das dem Gruppeninteresse dient.
5. Skalierung: Mehr-Ebenen-Selektion findet auch auf übergeordneten Ebenen statt, wie bei der Organisation von Unternehmen, Städten oder Nationen. Institutionen auf verschiedenen Ebenen müssen so gestaltet sein, dass sie harmonisch zusammenarbeiten und Konflikte zwischen den Ebenen minimieren.
6. Konflikt und Kooperation: Konflikte zwischen den Interessen auf individueller und Gruppenebene sind unvermeidlich. Mehr-Ebenen-Selektion liefert einen Rahmen für das Verständnis und die Gestaltung von Mechanismen, die solche Konflikte lösen oder mildern können.

Wilson argumentiert, dass die Anwendung dieser Prinzipien in der Gestaltung unserer sozialen Umwelt zu besseren Ergebnissen für Individuen und Gruppen führen kann. Dabei ist es wichtig, dass die selektiven Kräfte auf verschiedenen Ebenen ausbalanciert werden, sodass nicht nur der individuelle Erfolg, sondern auch der Gruppenerfolg gefördert wird