„Wende ins Nichts“ – Wie schlimm steht es wirklich um unsere Wirtschaft?
Als ich begonnen habe, mich mit dem Thema Energie auseinanderzusetzen, habe ich mir gesagt: „Ich will schauen, dass wir eine gute, starke Gemeinschaft haben. Das geht nur mit Industrie. Dafür braucht man eine gescheite Energieversorgung.“
Denn bezahlbare und saubere Energie ist ein Grundrecht der Menschheit und eine Grundvoraussetzung für den sozialen Frieden, ja den Frieden überhaupt.
Und wie sieht es heute damit aus, mit der Energie, der Industrie, der guten, starken Gemeinschaft?
Ein utopischer Versuch und seine Folgen
„Die deutsche Energiewende, die den Doppelausstieg aus Kohle und Atomkraft vorsieht und ganz und gar auf den wetterabhängigen Strom setzt, ist ein utopischer Versuch, bei dem sehr vieles kaputtgehen kann einschließlich der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und des Lebensstandards, an den sich die Deutschen gewöhnt haben.“, so schreibt es der Ökonom Hans-Werner Sinn 2018 in seinem Buch „Auf der Suche nach der Wahrheit“. Und auch wenn diese Textstelle noch eine gewisse Zuversicht anklingen lässt, weil eine Utopie nicht per se von Übel ist und der Versuch schief gehen kann – also nicht zwangsläufig gehen muss –, so ist schon kurz nach dieser Stelle von Zuversicht nichts mehr zu spüren, diagnostiziert er doch, dass die Energiewende eine „Wende ins Nichts“ ist.
Was denken Sie, hat sich Hans-Werner Sinn geirrt und hat vielleicht doch Bundeskanzler Olaf Scholz Recht, wenn er wie 2023 geschehen, Folgendes sagt: „Wegen der hohen Investitionen in den Klimaschutz wird Deutschland Wachstumsraten erzielen können wie tatsächlich in den 1950er- und 1960er-Jahren.“ (Lesen Sie dazu auch das Interview des Kanzlers).
Hans-Werner Sinn zitiert Olaf Scholz in einem F.A.Z.-Artikel, der auf seiner Rede anlässlich der Verleihung des 30. Deutschen Mittelstandspreises Anfang November 2024 beruht. Und kommt zu dem Schluss, dass Scholz` These von der „Wiederholung des Wirtschaftswunders“ absurd ist: „Heute weiß jeder, welch absurde Fehleinschätzung seinen Aussagen zugrunde lag. Wie kann man durch Verbote und Gängelungen wirtschaftliches Wachstum erzeugen? Das ist genau das Gegenteil der Erhard’schen Rezeptur für das Wirtschaftswunder.“
Leider ist die 2018 prognostizierte „Wende ins Nichts“ bis 2024 bundesdeutsche Wirtschaftsrealität geworden, so Sinn. Und leider kann ich ihm da nicht widersprechen.
Das geht nur mit Industrie
2023 habe ich noch geschrieben: „Ich denke, ausgehend von meiner ganzen Erfahrung als Unternehmer, dass wir vor einem massiven Umbau der Wirtschaftslandschaft stehen mit Deindustrialisierung und Massenarbeitslosigkeit, weil wir es auf diesem Weg eben nicht schaffen, für bezahlbare Energie zu sorgen.“
Nun, ein Jahr später stehen wir nicht mehr nur davor, sondern werden Zeuge der Deindustrialisierung.
„Deutschland verordnet sich eine Deindustrialisierung“ formuliert es Hans-Werner Sinn in der F.A.Z., vor allem mit Blick auf die Energiewende. „Deutschland steht an einem historischen Wendepunkt seiner Entwicklung, bei dem seine Existenz als global tätige Wirtschaftsnation auf dem Spiel steht.“ Er nennt folgende Zahlen: Produktionsrückgang in der Automobilindustrie seit 2018 bis jetzt bei 17 Prozent. In der Chemiebranche betrug der Rückgang in der gleichen Zeitspanne 15 Prozent, die gesamte Industrieproduktion schrumpfte um 13 Prozent. Viele andere Sektoren, wie die Pharmaindustrie, die Elektrotechnik und der Maschinenbau, sind ebenfalls massiv betroffen. Die viel beschworene Deindustrialisierung ist kein Horrorszenarium der Zukunft, sondern seit sieben Jahren im Gange.“
Und was tun wir jetzt?
Seitdem ich begonnen habe, mich mit dem Thema Energie auseinanderzusetzen, ist vieles geschehen, Gutes, Trauriges. Ich habe viel gelesen, erlebt, gelernt. Ich habe ein Buch geschrieben und ich habe viele Gespräche geführt.
Meine Idealvorstellung ist eine friedliche Welt. Ich möchte, dass meine Enkelkinder in Frieden leben können. In Gemeinschaft mit ihrer Umwelt und ihren Mitmenschen. Und eine gute, starke Gemeinschaft gibt es nur mit Industrie. Dafür brauchen wir eine gescheite Energieversorgung. Ohne diese und ohne Industrie wird der Wohlstand sinken, wir werden mit sozialen Unruhen konfrontiert werden, weil um den Wohlstand in einer Gesellschaft und auch zwischen verschiedenen Gesellschaften gerungen wird.
Ich glaube nach wie vor, dass unsere größte Chance, diese friedliche Welt und gute, starke Gemeinschaft zu gestalten, darin besteht, miteinander zu reden.
Wenn wir mit Sinn, Sachverstand und der Zuversicht, dass eine gute Zukunft möglich ist, uns ans Werk machen. Wenn wir all unsere Expertisen und unsere Vernunft, die uns als Menschen auszeichnet, in die Waagschale werfen. Dann können wir dem Nichts trotzen und die so nötige Wende zum Guten hinbekommen.
Sind Sie dabei?
Ihr Wilfried Hahn