Ein Stimmungsbild – Unternehmerischer Blick auf Wind-, Solar- und Kernenergie
In diesem Jahr hatte ich nun schon einige Male die Gelegenheit, mit Unternehmern über die Kernenergie zu sprechen. Bei einem Treffen der Rotarier zum Beispiel. Oder im Rahmen eines regelmäßigen Erfahrungsaustauschs von Baden-Württembergischen Unternehmern, zum dem ich immer noch, obwohl ich ja in der Unternehmensleitung nicht mehr aktiv bin, geladen werde.
Das Stimmungsbild hinsichtlich der Energiewende und der Kernenergie fand ich ermutigend und gleichzeitig ein wenig besorgniserregend.
„Kernenergie? Sinnvoll …!“
Die Einladung zum unternehmerischen Erfahrungsaustausch nutzte ich gerne, um von meinen Erfahrungen mit Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft bei WIHA zu sprechen. Sinnvolle Themen, die wir in unserem Unternehmen schon früh angegangen sind. Dann kamen wir auf die Energiewende und auf Windkraft und Solarenergie und Kernenergie zu sprechen.
Ermutigend fand ich, dass die generelle Einstellung zur Kernenergie unter den meisten Unternehmern, die zugegen waren, durchaus positiv war. Konsens war, dass es ein Fehler war, auszusteigen – und die 30 Gigawatt zuverlässigere und auch günstigere Leistung aufzugeben. Konsens war: Wir brauchen als Unternehmen sichere und günstige Energie. Und damit haben wir seit dem Ausstieg ein gewaltiges Problem …
„Erneuerbare Energien? Auch sinnvoll …!“
Besorgniserregend fand ich, dass der Fehler des Ausstiegs aus der Kernenergie aber trotz dieser Einsichten als gegeben hingenommen wird: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien wird als die Lösung des Energieproblems angesehen. Windkraft und Solarenergie ausbauen – auch das erschien den meisten Unternehmen, mit denen ich sprach, sinnvoll.
Eine Einschätzung, die ich – wie Sie wissen, wenn Sie mein Buch oder meine Blogs gelesen haben – nicht teile: Weil wir auf Basis Erneuerbarer Energien hier nicht in der Lage sind, unserer Wirtschaft Energie zu dem Zeitpunkt und in dem Umfang, wann Energie gebraucht wird, und das zu annehmbaren Preisen, zur Verfügung zu stellen. Rein auf Erneuerbare Energien zu setzen, erscheint mir bei so einem komplexen und sensiblen und für den sozialen Frieden und den Wohlstand wichtigen Thema wie der Energie zu gefährlich.
Warum ist das so?
Was denken Sie dazu? Mein Eindruck ist: Dass viele Menschen eine tiefsitzende Angst vor der Kernenergie haben, die uns dann die Vernunft vernebelt. Sagt der Kopf: „Ja, Kernenergie ist sinnvoll. Weil sie liefert, was wir von Energie erwarten und brauchen. Weil sie das besser kann, als Solar- und Windenergie.“ – so rumort diese Angst in unserem Bauch und steigt dann hoch, bis wir denken: „Besser nicht. Denk’ an Hiroshima. An Tschernobyl. Fukushima.“
Ich finde diese Angst, die ich bei vielen Menschen erlebe, zum Beispiel eben auch bei den Unternehmern, mit denen ich gesprochen habe, sehr verständlich: Denn was die Atombomben angerichtet haben, was sie anrichten können, die Gefahren von radioaktiven Unfällen, das ist wirklich sehr erschreckend.
Aber gleichzeitig denke ich: Militärische und zivile Nutzung der Kernenergie sind zwei völlig verschiedene Komplexe. Was Kernenergie heute für uns tun kann, hat mit Bomben nichts zu tun. Gleichzeitig denke ich, dass unsere Angst vor radioaktiven Unfällen uns daran hindert, moderne Methoden der Nutzung der Kernenergie unvoreingenommen zu beurteilen.
Ich denke, dass dies eine der wichtigsten aktuellen Aufgaben mit Blick auf eine sichere Energieversorgung ist: etwas gegen die Angst vor der friedlichen Nutzung der Kernenergie zu tun.
Ihr Wilfried Hahn