Aufklärung

Wiederholt sich Geschichte? Ein Déjà-vu der Angst

Wie geht es Ihnen damit? Mit der Geschichte …
Ich habe den Eindruck, dass sich Geschichte wiederholt. Vielleicht ist das nur mein persönlicher Eindruck, nicht belegbar mit Zahlen und Daten. Und doch: Das Gefühl ist da.

Ich war zwölf Jahre alt, als die Kubakrise die Welt in Atem hielt. Die Angst vor einem Atomkrieg packte damals Millionen Menschen. Dazu kamen die zahllosen Atombombentests, über die die Medien berichteten – später auch im Fernsehen. Ein Klima der ständigen Bedrohung entstand.

Und heute? Ertappe ich mich manchmal bei einem Déjà-vu. Die Ängste, die Bedrohungsszenarien, die Schlagzeilen – vieles erinnert mich an damals.

Angst als Motor der Skandalisierung

Im Kalten Krieg war Angst ein allgegenwärtiges Gefühl. Heute ist das nicht anders. Vieles, was damals wie heute geschieht, liefert den idealen Nährboden für kollektive Ängste. Und die Medien – damals wie heute – wissen diese Ängste zu nutzen.

„Angst verkauft“, heißt es. Sie bringt Auflage, Einschaltquoten, Klicks. Sehr empfehlenswert finde ich in dieser Hinsicht zum Beispiel das Buch „Die Mechanismen der Skandalisierung“ des Kommunikationswissenschaftlers Hans Mathias Kepplinger. Er zeigt auf, wie unausgewogen die Medien agieren. Wie sie auf Sensationen, Skandale, auch Angst schürende Berichterstattung setzen, um Auflage zu erzeugen und für Aufmerksamkeit zu sorgen. Angst ist einfach ein hervorragender Stoff, um Aufmerksamkeit zu erhalten. 

Angst: Die Anti-Atom-Bewegung 

Ein Paradebeispiel dafür ist die Debatte um Kernenergie. Die Bedrohung durch den Kalten Krieg und die Atomwaffen wurde in der öffentlichen Wahrnehmung untrennbar mit der zivilen Nutzung der Kernenergie verknüpft.

In den 1970er-Jahren entwickelte sich die Anti-Atom-Bewegung von einer Randerscheinung zu einer machtvollen Protestwelle – angeheizt von medial begleiteten Großdemonstrationen, wie am Bau des Kernkraftwerks Wyhl. Die Reaktorunfälle in Harrisburg (1979) und Tschernobyl (1986) zementierten endgültig das Bild: Kernenergie sei nicht beherrschbar und ihre Nutzung unverantwortlich.

Ich erinnere mich noch gut an eine Begegnung bei einer Veranstaltung zum Konzept von Copenhagen Atomics. Eine Zuhörerin berichtete: „Mit meiner Oma habe ich als Kind auf den Feldern Champignons gesammelt. Nach Tschernobyl war damit Schluss. Die Angst vor radioaktiven Niederschlägen war einfach zu groß.“

Ich selbst suchte damals – getrieben von Skepsis – nach Daten, die diese unsichtbare Gefahr greifbarer machen sollten. Was ich fand, ließ mich ruhiger werden: Ich aß weiter deutsche Champignons und Salat aus dem Garten.

Ein neues Déjà-vu: Angst schlägt Fakten

Und auch heute habe ich wieder dieses Déjà-vu: In der aktuellen Debatte um Kernenergie obsiegt oft die Angst über die Faktenlage. Die nüchterne Auseinandersetzung, das „greifbar machen“ durch Daten, bleibt vielfach auf der Strecke.

Die Geschichte wiederholt sich – wenn wir es zulassen. Vielleicht ist es an der Zeit, aus der Geschichte zu lernen und genauer hinzusehen: Was ist Panikmache? Was sind belegbare Fakten? Und welche Rolle wollen wir der Angst zugestehen?

Ihr Wilfried Hahn